SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Entscheidung des UPC: Beweissicherungsbeschluss

Regel 192 Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts: Während der internationalen Textilmesse ITMA, die vom 8. Juni bis 14. Juni 2023 in Rho, Italien, stattfand, stellte die Patentinhaberin und Antragstellerin fest, dass ein Konkurrent bei der Messe zwei Maschinen vorstellte, die ein Europäisches Patent verletzten; dies wurde von der Patentinhaberin mit einem patentanwaltlichen Gutachten bescheinigt.

Beantragt wurde die gerichtliche Sicherstellung aller technischen und kommerziellen Dokumente, die am Messestand des Konkurrenten zu finden waren. Aufgrund der Dringlichkeit des Verfahrens wurde der Fall zunächst einem ständigen Richter zugewiesen, der den Fall sodann an die Lokalkammer in Mailand weiterleitete, welche den Antrag einem Einzelrichter übertrug (Regel 194.2 Verfahrensordnung). Im Beschluss wird die Zuständigkeit des Gerichts anerkannt und festgestellt, dass die Patentinhaberin nicht nur hinreichende Nachweise für eine Glaubhaftmachung einer Patentverletzung erbracht hat, sondern auch nachgewiesen, dass keine Einsprüche gegen das Patent erhoben wurden. Dem Beweissicherungsantrag wurde daher nach Vornahme einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ohne Anhörung der Antragsgegnerin stattgeben.

Mit der Durchführung der Beweissicherung wurde ein beim lokalen Gericht in Mailand als Sachverständiger eingetragener Patentanwalt mit Unterstützung des zuständigen Gerichtsvollziehers beauftragt (Regel 196.4 Verfahrensordnung). Rechts- und Patentanwalt der Patentinhaberin wurde die Teilnahme an der Beweissicherung gestattet, anderen Vertretern, Angestellten oder Mitarbeitern der Antragstellerin wurde die Teilnahme hingegen ausdrücklich untersagt wird. Gemäß Artikel 58 des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht und Regel 196.4 Verfahrensordnung wurde angeordnet, dass die erworbenen Dokumente bis zu einer neuen Anordnung des Gerichts nur zwei Rechtsvertretern der Antragsstellerin und einem technischen Experten zugänglich sind. Die erworbenen Beweise dürfen weiters gemäß Regel 196.2 Verfahrensordnung nur im zukünftigen Hauptverfahren verwendet werden (UPC 13. Juni 2023, CFI 127/2023).