SONN Patentanwälte – IP Attorneys

EPA-Rechtsprechung: Inhärenzdoktrin bei Patientenpopulationen nicht anwendbar

Wenn ein Patentanspruch auf eine im Stand der Technik bekannte Verbindung oder Zusammensetzung zur spezifischen Anwendung in einem therapeutischen Verfahren zur Behandlung oder Prävention einer Krankheit ausgerichtet ist, und der Patentanspruch als Merkmal anführt, dass dem zu behandelnden Patienten ein bestimmter klar definierter und nachweisbarer Biomarker eigen ist, der jedoch nicht bei allen Patienten in Erscheinung tritt, die von dieser Krankheit betroffen sind oder sein könnten, dann folgt gem der E G 2/88 (wonach sich die Frage der Inhärenz im Zusammenhang mit Art 54 als solche nicht stellt), dass die gezielte Auswahl der Patienten, denen der Biomarker eigen ist, für die Therapie ein in Bezug auf die Frage der Neuheit zu berücksichtigendes, funktionelles Merkmal des Patentanspruchs darstellt. Mit anderen Worten ist es für die Frage der Neuheit irrelevant, ob im Stand der Technik die anspruchsgemäß gezielt ausgewählten Patienten als Teil weiter gefasster Patientenpopulationen zwangsläufig bzw inhärent bereits „mitbehandelt“ wurden (EPA-BK 15. 5. 2019, T 694/16).