SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Benutzung als Marke - neues Vorabentscheidungsersuchen an den EUGH

Nach dem weithin publizierten Fall Häupl ./. Lidl des Europäischen Gerichtshofes (EUGH C-246/05), in dem wir als Patentanwälte direkt vor dem EUGH durch unseren Partner Helmut Sonn die Frage des Beginns der 5-Jahres-Frist zur Benutzung im Falle internationaler Marken und jene der Entschuldigungsgründe für eine Nicht-Benutzung argumentierten, hat nun Helmut Sonn von Sonn & Partner Patentanwälte ein weiteres Vorlageersuchen des Obersten Patent- und Markensenats, des letztinstanzlichen Gerichtes in Markenlöschungsverfahren, an den EUGH erreicht, und zwar im Verfahren Silberquelle ./. Marselle betreffend die Marke WELLNESS für alkoholfreie Getränke.

Die Frage ergab sich aus folgenden Fakten:

Marselli, tätig auf dem Gebiet der Strickwaren, benutzte seine österreichische Marke WELLNESS in Broschüren und auf Etiketten von Flaschen eines alkoholfreien Getränks, also für Waren der Klasse 32. Der Umfang der Benutzung war wahrscheinlich ausreichend und erfolgte auch innerhalb der vorgeschriebenen 5 Jahre. Das rechtliche Problem, das zur Vorlage führte, folgt aus der Tatsache, dass diese Flaschen als Geschenke an Käufer von Strickwaren verteilt werden, d.h. zur Förderung des Absatzes von Strickwaren und nicht für jenen alkoholfreier Getränke.

Artikel 10 und 12 der Markenharmonisierungs-Richtlinie spricht nur von "ernsthaftem" Gebrauch. Jedoch zählt Artikel 5 dieser Richtlinie, der das Recht, Dritten die Benutzung der Marke zu verbieten, betrifft, in Abs. 3 einzelne Benutzungsfälle auf, wie z.B. Anbringung an der Aufmachung (also hier: Etiketten auf den Flaschen), Anbieten und In-Verkehr-Bringen der Ware (hier: den Käufern von Strickwaren zu übergeben) und in den Geschäftspapieren die Marke zu benutzen (hier: in den Broschüren diese Gratisbeigabe zu bewerben).

Das österreichische Markenrecht besagt, dass genau solche Handlungen als Markenbenutzung anzusehen sind. Diese Art der Benutzung entspricht der Hauptfunktion der Marke, dem Endabnehmer die Ursprungsidentität der Ware zu garantieren und es ihnen zu ermöglichen, diese Waren ohne Verwechslungsgefahr von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden (EUGH in C-40/01 Ansul BV ./. Ajax Brandbeveiliging BV).

In Ansul ./. Ajax (C-40/01) hat der EUGH jedoch eine weitere Bedingung aufgestellt, die in der Richtlinie nicht aufscheint, nämlich dass diese Benutzung darauf abzielen muss, einen Absatzmarkt für die geschützten Waren zu erschließen oder zu sichern. Wenn dies nicht der Fall ist, handelte es sich nur um eine symbolische Benutzung. Die Klägerin im Löschungsstreit wies daher ständig darauf hin, dass die freie Abgabe der Getränke, um den Absatz von Waren auf einem anderen als dem Getränkemarkt zu fördern, aufgrund der Festlegung des EUGH nur als symbolische Benutzung anzusehen ist und daher nicht als ernsthafte Benutzung gelten kann.

Falls der EUGH seine Bedingung, Marktanteile zu erwerben, in einer Weise auslegt, dass jedes Bewerben und Vermarkten gleichzeitig neben der Erfüllung anderer Zwecke (quasi automatisch) auch Marktanteile auf dem geschützten Warengebiet erwirbt, dann erscheint diese Zusatzbedingung als überflüssig, weil dies nahezu immer der Fall ist.

Wenn jedoch der EGUH strikt am direkten Sinn dieser Bedingung festhält, dann schafft er die Möglichkeit des Markenschutzes für Promotions- und Merchandizing-Artikel ab. Dies folgt daraus, dass das Vermarkten solcher Artikel (gratis oder nicht) immer eine Markenverletzung nach Artikel 5 der Richtlinie ist und daher von Dritten gehindert werden kann, wenn die eigenen Marken für diese Waren zu löschen sind, weil dieselbe Benutzung den Bestand der Marke nicht ermöglicht.

Nachdem wir bei Sonn & Partner Patentanwälte als solche unseren Mandanten direkt vor dem EUGH vertreten werden, werden wir uns auch sehr bemühen, die Möglichkeit des Schutzes über Marken für Promotions- und Merchandizingware in Europa aufrecht zu erhalten.

Dipl.-Ing. Helmut Sonn