SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Nichtigkeitsabteilung widerruft Patent von Amts wegen

Amtswegige Prüfung durch die Nichtigkeitsabteilung nach Rücknahme des Antrags auf Nichtigerklärung im Berufungsverfahren

In Österreich können Patente durch Antrag auf Nichtigerklärung bei der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts angefochten werden. Gegen Entscheidungen der Nichtigkeitsabteilung steht die Berufung an den Obersten Patent- und Markensenat (OPMS) offen, eine beim Obersten Gerichtshof eingerichtete Kollegialbehörde mit ausschließlicher Zuständigkeit für registrierte Schutzrechte, wie Patente, Marken und Muster. Ähnlich wie in Deutschland wird somit der Rechtsbestand von Patenten in eigenen Verfahren geprüft.

Obgleich die Einleitung eines Verfahrens wegen Nichtigerklärung von Patenten nur auf Antrag erfolgt, ist das Patentamt berechtigt, das über einen solchen Antrag eingeleitete Verfahren im Falle der Rückziehung des Antrages von Amts wegen fortzusetzen. Ob Verfahren tatsächlich ex officio fortgeführt werden, liegt im Ermessen der Nichtigkeitsabteilung. Dieser Rechtsvorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass es im Interesse der Öffentlichkeit liegen müsse, durch eine Endentscheidung Rechtssicherheit zu schaffen.

Im Falle der Rücknahme des Antrags auf Nichtigerklärung während eines anhängigen Berufungsverfahrens infolge der Nichtigerklärung des Patents durch die Nichtigkeitsabteilung war es bisher gängige Praxis des OPMS, die Entscheidung des Patentamts gemäß den Bestimmungen der Zivilprozessordnung (ZPO) für wirkungslos zu erklären und das Verfahren zu beenden.

In einer jüngeren Entscheidung (N 18/2008), berief sich die Nichtigkeitsabteilung jedoch auf die im Patentgesetz normierte Ermächtigung zur amtsseitigen Fortsetzung des Verfahrens, um nach der Erklärung über die Wirkungslosigkeit der Entscheidung durch den OPMS wieder in das erstinstanzliche Nichtigkeitsverfahren einzusteigen. Die Nichtigkeitsabteilung vertrat die Ansicht, dass das Verfahren durch die Wirkungslosigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht abgeschlossen werde. In der Folge erklärte die Nichtigkeitsabteilung das Patent "ex officio" für nichtig, obgleich die Berufungsbehörde die erstinstanzliche Entscheidung für wirkungslos erklärt hatte. Nach Auffassung der Nichtigkeitsabteilung handelte es sich hierbei um eine Fortsetzung, nicht jedoch eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne der ZPO.

Gegen die zweite Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung wäre zwar neuerlich die Berufung an den OPMS offen gestanden; die Patentinhaberin sah jedoch von einer weiteren Berufung ab. Demnach hatte der OPMS keine Gelegenheit, zur geänderten Praxis der Nichtigkeitsabteilung Stellung zu beziehen.

Gerade im Hinblick auf Einigungsverhandlungen zwischen den Klagsparteien ist daher künftig einzukalkulieren, dass das Verfahren auch dann "ex officio" fortgeführt werden kann, wenn der Fall bereits in der zweiten Instanz anhängig ist.

Dr. Daniel Alge