SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Markeneingriff bei vergleichender Werbung

Wir berichten über eine interessante Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) in Anwendung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in den Sachen C-532/06 zu 02 Holdings Limited und C-487/07 - L'Oreal.

Die Klägerin ist Inhaberin mehrerer Gemeinschaftsmarken (Wort- und Wort-Bild-Marken) VELUX sowie der österreichischen Wort-Bild-Marke VELUX für u.a. Dachflächenfenster. Der Markt für Dachflächenfenster in Österreich wird von der Klägerin beherrscht, welche einen Marktanteil von ungefähr 85 % hat. Mit Velux-Dachflächenfenstern verbinden die angesprochenen Verkehrskreise höchste Qualitätsvorstellungen. Die Beklagte, welche im Wesentlichen den übrigen Marktanteil in sich vereint, brachte spezielle Standard-Renovierungsfenster zum Austausch gegen alte Fenstertypen der Klägerin auf den Markt; daneben bietet die Beklagte auch Standard-Renovierungsfenster für ihre eigenen Fenster und Renovierungsfenster nach Maß für beliebige Fenster an.

Im Zuge ihrer Werbeaktivitäten verwendet die Beklagte die Marke VELUX in Form von vergleichender Werbung. Gemäß ständiger Rechtsprechung des EuGH (siehe die oben zitierten Entscheidungen) ist eine solche Benutzung eine markenmäßige und erfüllt einen markenrechtlichen Verletzungstatbestand. Daran ändert auch die von der Beklagten verwendete Schrift nichts, die sich vom Markenbild unterscheidet, da eine Wortmarke die Wiedergabe des Wortes in sämtlichen Standardschriftarten schützt. Hingegen kommt es nicht darauf an, dass das Publikum irrtümlich meint, die Marke bezeichne Produkte des Werbenden.

Allerdings ist der Markeninhaber nicht berechtigt, einem Dritten die Benutzung seiner Marke in einer vergleichenden Werbung zu verbieten, die alle für eine solche erforderlichen Zulässigkeitsbedingungen der EU-Richtlinie RL 2006/114/EG erfüllt. Gemäß Art. 4 lit f der Richtlinie ist eine solche Benutzung untersagt, wenn sie den Ruf der Marke in unlauterer Weise ausnutzt. Dies ist hier der Fall: wenn jedes Dachfenster jedes Fremdherstellers gegen ein Produkt der Beklagten ausgetauscht werden kann, ist die Nennung der Marke des Marktführers nicht notwendig. Damit beeinträchtigt die unlautere Rufausnutzung die Herkunfts- und Werbefunktion der Marke. Da somit die Benutzung der Marke als Eingriff erkannt wurde, ist weiters der Rechtfertigungsgrund der Benutzung als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware iSd der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel zu untersuchen.

Eine solche Benutzung ist rechtmäßig, wenn sie das einzige Mittel ist, der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über die Bestimmung der Ware zu liefern. Der Werbende nutzt daher den Ruf der Marke nicht in unlauterer Weise aus, wenn ein Hinweis auf diese Marke Voraussetzung für einen wirksamen Wettbewerb ist. Da eine solche Benutzung eine Ausnahme des Verletzungstatbestands darstellt, ist hier eine enge Auslegung anzuwenden.

Demzufolge kann sich die Beklagte im vorliegenden Fall nicht darauf berufen; die Verwendung der Marke war nicht notwendig. Der Hinweis an die Öffentlichkeit, dass jedes bestehende Dachfenster ausgetauscht werden kann und hierfür auch maßgefertigte Fenster zur Verfügung stehen ist ein ausreichender Hinweis über das Angebot der Beklagten. Somit war die Nennung der Marke des Marktführers keine Voraussetzung für den Wettbewerb.

Demgemäß erließ der OGH die beantragte Einstweilige Verfügung und untersagte der Beklagten die Verwendung der Marke VELUX in ihrer Bewerbung der Austausch-Fenster.

DI Helmut Sonn