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Dienstnehmervergütung im Konzernverbund

In einer jüngeren Entscheidung hatte der Oberste Gerichtshof Gelegenheit anzugeben, auf welcher Basis Vergütungsansprüchen von Dienstnehmern für deren Diensterfindungen zu berechnen sind (8 ObA 45/12v vom 24. Jan. 2013).

Gegenstand der Entscheidung war der Antrag, der Oberste Gerichtshof möge feststellen, dass auch im Fall einer Auftragsvergabe zur Entwicklung von Produkten an ein 100%-iges Tochterunternehmen innerhalb eines Konzerns und einer anschließenden Übertragung der dabei entstehenden Diensterfindungen an die Konzernmutter die Diensterfindungsvergütung auf Basis aller wirtschaftlichen Vorteile, welche im Rahmen des Konzernverbundes erzielt werden, zu berechnen ist. Im konkreten Fall hat das Tochterunternehmen, der Dienstgeber, im Konzernverbund die Geschäftsverantwortung für den Wirtschaftsraum Central Eastern Europe (CEE) und die weltweite Verantwortung für einzelne Produkte.

Für die beauftragten Entwicklungen erhält das österreichische Tochterunternehmen von der Konzernmutter festgelegte Transferpreise als Einmalzahlung. Diese werden von Sachverständigen auf Basis der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien für multinationale Unternehmen und Steuerbehörden ermittelt. Diese Preise umfassen in typischer Weise die entstehenden Kosten inklusive Personalkosten und einen marktüblichen Zuschlag von beispielsweise 5 %. Die im Zug eines solchen Auftrags entstehenden Entwicklungsergebnisse samt den patentierten bzw. zumindest patentfähigen Diensterfindungen sind dann vom österreichischen Tochterunternehmen an die Konzernmutter abzutreten. Das österreichische Tochterunternehmen berechnet die Diensterfindungsvergütung lediglich auf Basis des von der Konzernmutter vorgegebenen Transferpreises. Da das österreichische Tochterunternehmen von der Konzernmutter keine weiteren Zahlungen für die Abtretung dieser Diensterfindungen erhalte, erschöpft sich die Diensterfindungsvergütung in einer einmaligen Zahlung.

Der Antragsteller vertrat nun die Ansicht, dass der Konzernnutzen für die Berechnung von Diensterfindungsvergütungen zu berücksichtigen sei, weil es sonst der Arbeitgeber in der Hand hätte, durch rein organisatorische Maßnahmen die Anwendung der Dienstnehmervergütung auszuhöhlen bzw. zu umgehen.

Demgegenüber brachte der Antragsgegner vor, dass die Höhe der Erfindungsvergütung nach österreichischem Recht (§ 9 PatG) von den Umständen des Einzelfalls abhänge. Diese führten aber zwingend zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen, weil etwa im Antrag völlig offen bleibe, für welche Art von Konzern die beantragte Feststellung getroffen werden soll. Deshalb wurde der Antrag aufgrund fehlenden Feststellungsinteresses vom OGH abgewiesen.

Als obiter dictum führte der OGH mit Verweis auf eine höchstrichterliche Entscheidung aus 2004 zunächst aus, dass die Ermittlung der wirtschaftlichen Bedeutung der Erfindung - gleich, nach welchen Methoden sie ermittelt wird - nicht in jedem Fall ausschließlich auf jenes Unternehmen beschränkt sein muss, das formaler Arbeitgeber des Erfinders ist. In der jener Entscheidung zugrunde liegenden Konstellation (Muttergesellschaft als Arbeitgeber; Verwertung der Erfindungen durch eine hundertprozentige Tochtergesellschaft bei Bestehen eines Gewinn- und Verlustabführungsvertrags) war bei wirtschaftlicher Betrachtung von einem als Einheit zu wertenden Konzern auszugehen, weshalb die Verwertung der Erfindung durch die Tochtergesellschaft nicht anders als eine mit Umsätzen verbundene Eigennutzung der Muttergesellschaft zu beurteilen war.

Überdies hielt der OGH fest, dass für die Ausgestaltung der Beziehung zwischen Konzerngesellschaften, insbesondere auch bezüglich der Verwertung von Erfindungen, die unterschiedlichsten Möglichkeiten in Betracht kämen. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass es weitere Sonderkonstellationen einer hinlänglichen wirtschaftlichen Einheit geben mag. So würden in der (deutschen) Literatur die Fälle genannt, dass der Dienstgeber eine alleine zu Zwecken der Forschung und Entwicklung (F&E) gegründete Tochtergesellschaft ist oder die maßgeblichen Konzerngesellschaften wie unselbständige Abteilungen eines einheitlichen Unternehmens geführt werden.

Ist das Tochterunternehmen im Konzernverbund hingegen mit hinreichender Unabhängigkeit ausgestattet, dann ist davon auszugehen, dass die Konzernumsätze nicht in die Erfindungsvergütung einfließen. Dies wäre auch dann der Fall, wenn diese Umsätze allein auf den Aktivitäten der Muttergesellschaft, wie Endentwicklung, Herstellung, Marketing etc., beruhen.

Demnach können die Umstände des Einzelfalls durchaus zum Ergebnis führen, dass die Konzernumsätze nicht in die Vergütungsberechnung eingehen.

DI Helmut Sonn