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EPA-Rechtsprechung: Neuheit durch hohen Reinheitsgrad

Ein Anspruch, der eine Verbindung mit einem bestimmten Reinheitsgrad definiert, ist nur dann nicht neu gegenüber einem Dokument aus dem Stand der Technik, welches dieselbe Verbindung beschreibt, wenn das Dokument den beanspruchten Reinheitsgrad zumindest implizit offenbart, beispielsweise durch Offenbarung eines Verfahrens zur Herstellung der Verbindung, dessen Durchführung unweigerlich zum beanspruchten Reinheitsgrad führen würde. Keineswegs wird der Gegenstand eines solchen Anspruchs jedoch vorweggenommen, wenn die Offenbarung des Dokuments ergänzt werden müsste, zB durch gedankliches Vorsehen geeigneter (weiterer) Reinigungsmethoden, die es dem Fachmann ermöglichten, den beanspruchten Reinheitsgrad zu erreichen. Die Frage, ob der Fachmann solche (weiteren) Reinigungsmethoden für die aus dem Stand der Technik bekannte Verbindung aufgrund seines allgemeinen Fachwissens routinemäßig einsetzen würde oder nicht, und ob diese Reinigungsmethoden bei Anwendung zum beanspruchten Reinheitsgrad führen würden, ist nicht relevant für die Beurteilung der Neuheit, sondern lediglich bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen. Die mit früheren E der EPA-BK – insb T 990/96 und T728/98 – zur vorliegenden Fragestellung etablierte Rechtsprechungslinie lässt sich bei genauerer Betrachtung der EPA-GBK-E G 2/88 und vor allem der G 2/10 also nicht aufrecht erhalten (EPA-BK 9.11.2018, T 1085/13).