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EPA-Rechtsprechung: Zulässigkeit von nicht-offenbarten Disclaimern

Um zu prüfen, ob ein durch die Einführung eines nicht offenbarten Disclaimers geänderter Anspruch nach Art 123 Abs 2 EPÜ zulässig ist, muss der Disclaimer eines der in Punkt 2.1 der Entscheidung G 1/03 genannten Kriterien erfüllen. Die Einführung eines solchen Disclaimers darf keinen technischen Beitrag zu dem Gegenstand leisten, der in der eingereichten Anmeldung offenbart wird. Insbesondere darf sie für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit oder für die Frage der ausreichenden Offenbarung nicht relevant sein oder werden. Der Disclaimer darf nicht mehr als notwendig entfernen, weder zur Wiederherstellung der Neuheit noch zur Ausschließung von Gegenständen, die aus nichttechnischen Gründen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind. Die Beurteilung der Zulässigkeit einer Anspruchsänderung durch einen nicht offenbarten Disclaimer richtet sich daher ausschließlich nach den in G 1/03 festgelegten Kriterien. Mit anderen Worten, sobald eine Änderung durch einen nicht offenbarten Disclaimer die Anforderungen von G 1/03 erfüllt hat, muss die Einführung eines solchen nicht offenbarten Disclaimers aus rechtlichen Gründen unbeschadet der übrigen Anforderungen des EPÜ als zulässig nach Art 123 Abs 2 EPÜ angesehen werden. An den Kriterien von G 1/03 dürfen bei dieser Prüfung keine Änderungen vorgenommen oder Bedingungen hinzugefügt werden, die über die Kriterien von G 1/03 hinausgehen (EPA-GBK 18.12.2017, G 1/16, Disclaimer III).