SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Flügellahm

Wie bereits berichtet (News, April 2011) wurde vor einiger Zeit Red Bulls Marke "FLÜGERL" mit der Begründung gelöscht, dass das Zeichen für alkoholische Getränke lediglich beschreibend, nicht jedoch als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verwendet wurde.

Im dem kürzlich entschiedenen Kennzeichenstreit (4Ob138/12s) standen einander die nachstehende Warenausstattung der Beklagten (mit dem Wortbestandteil "Flügel") für ein alkoholisches Mischgetränk

und die älteren Wortmarken der Klägerin "RED BULL verleiht Flüüügel" und "... verleiht Flügel" jeweils für einen (in Dosen verpackten) alkoholfreien Energy-Drink (mit dem Produkthinweis "nicht mit Alkohol mischen") gegenüber.

Die Klägerin machte hierbei geltend, dass der Wortbestandteil "Flügel" eine selbständig kennzeichnende Stellung habe, wobei Verwechslungsgefahr mit der Verwendungsform der Beklagten vorliege.

Ohne dezidiert auf die erworbene Unterscheidungskraft des strittigen Zeichens einzugehen, stellte der OGH fest, dass eine Verletzungsgefahr nicht bestehe, wenn - wie hier - eine Bildmarke mit weiteren Bestandteilen verschmolzen wird. In diesem Fall wird das Publikum die einzelnen Bestandteile in der Regel nicht mehr als solche wahrnehmen, sondern das Zeichen als Einheit auffassen. Aus diesem Grund habe die Klagsmarke ihre selbstständig kennzeichnende Funktion verloren und es läge dem Gesamteindruck nach keine Verwechslungsgefahr vor.

Der OGH hob hierbei in aller Deutlichkeit hervor, dass Fälle, in denen die Zeichen (insbesondere Wortzeichen) tatsächlich aneinandergereiht, dh nebeneinander gesetzt, werden, von Kombinationsmarken zu unterscheiden seien, bei welchen Wort- und Bildbestandteile miteinander verschmolzen sind. Bei letzteren könne das Publikum die anderen Bestandteile wegen ihrer hohen Kennzeichnungskraft als eindeutigen Herkunftshinweis auffassen, gegenüber welchen das übernommene Zeichen in den Hintergrund trete. Demnach sei die Hauptfunktion der Marke nicht erfüllt und daher die Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Interessant erscheint an dieser Entscheidung insbesondere, dass diese auch massive Auswirkungen auf die rechtserhaltende Benutzung von Marken haben könnten, wenn hier der gleiche Maßstab für die Auffassung eines Zeichens als Herkunftshinweis angelegt wird. Bekanntlich sind vor dem EuGH derzeit zwei Verfahren (C-12/12, C-252/12) anhängig, welche sich mit der Frage der ernsthaften Benutzung einer Bildmarke bzw. einer Positionsmarke auseinandersetzen, die in der Benutzungsform jeweils mit einem Wortbestandteil überlagert sind.

Sollte der vom OGH herangezogene Ansatz zur Auffassung als Herkunftshinweis auch bei den EuGH-Verfahren zur Anwendung kommen, müsste dies zum Ergebnis führen, dass die strittigen Bild- bzw. Positionsmarken mangels ernsthafter Benutzung gelöscht werden.

Dr. Rainer Beetz, LL.M.