SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Schinken und Wein sind einander (vermeintlich) nicht ähnlich

Weinkennern dürfte der junge österreichische Wein "Junker" aus der Südsteiermark ein Begriff sein. Bereits 1986 schlossen sich südsteirische Winzer zusammen, um den Absatz ihres jungen Weißweins durch eine gemeinsame Bezeichnung und einen gemeinsamen Werbeauftritt zu fördern. Daraufhin wurde von einer Werbeagentur für diesen Jungwein die Kennzeichen "Junker" und "Steirischer Junker" entwickelt. Die Vermarktung des Jungweins unter diesen Zeichen war erfolgreich, weshalb immer mehr steirische Weinbauern an einer Zusammenarbeit interessiert waren. Dies führte zur Gründung der klagenden Marktgemeinschaft, deren statutengemäßer Zweck u.a. darin liegt, Maßnahmen zum Schutz und zur Absatzförderung von steirischem Wein zu setzen. Die Wortmarke "Steirischer Junker" wurde 1996 für Weine (Klasse 33) eingetragen; im Jahr 2004 wurde dieselbe Marke für andere Nahrungsmittel (Klasse 30) - jedoch nicht auf Grundlage eines Verkehrsgeltungsnachweises - registriert.

Die Beklagte erzeugt und vertreibt Fleisch- und Wurstwaren, insbesondere auch Schinken und Schinkenspezialitäten. Sie ist Inhaberin der mit Priorität aus dem Jahr 2000 für Fleisch- und Wurstwaren (Klasse 29) eingetragenen österreichischen Wortmarke "Junkerschinken".

Nach einigen Jahren der Zusammenarbeit kündigte die Beklagte eine zuvor bestehende Vereinbarung mit der Klägerin. In der Folge räumte die Klägerin einer anderen Lizenznehmerin das Recht ein, ihre Marken zur Bezeichnung des von ihr produzierten Schinkens zu verwenden. Daraufhin mahnte die Beklagte die Lizenznehmerin unter Berufung auf ihre eigene Wortmarke ab; eine außergerichtliche Einigung kam nicht zustande.

Die Gerichte der ersten und zweiten Instanz erkannten im Sinne der Klägerin, dass Verwechslungsgefahr zwischen der bekannten älteren Marke für Weine und der (verletzenden) Benutzung des selbstständig schutzfähigen Bestandteils der Marke für Schinken durch die Klägerin vorliegt. Der Oberste Gerichtshof sah dies anders:

Die Klägerin hat zwar Verkehrsgeltung ihrer Marke behauptet, ihre Klage aber nicht auf diesen Tatbestand gestützt. Soweit die untergeordneten Instanzen davon ausgehen, dass es sich um eine bekannte Marke handelt, sind die Ausführungen mangels Beweisen unbeachtlich.

Da der Begriff "Junker" gemeinhin einen "jungen Landherrn" bezeichnet und die Marke zur Kennzeichnung junger Weine verwendet wird, wird die Kennzeichnungskraft des Zeichens geschwächt; eine - die Kennzeichnungskraft stärkende - Bekanntheit des Zeichens hat die Klägerin für den Kollisionszeitpunkt im Jahr 2000 nicht bewiesen. Andererseits wird "Junkerschinken" nicht als Hinweis auf das geringe Alter und damit auf den geringen Reifegrad des Schinkens verstanden; somit ist "Junker" nicht beschreibend für die Kennzeichnung von Schinken.

Die - demnach nur geringe - Ähnlichkeit der beiden Marken wird nicht durch eine stärkere Ähnlichkeit der Waren aufgewogen. Zwar trifft es zu, dass die Waren jeweils aus landwirtschaftlicher Produktion stammen, doch werden Wein und Schinken in verschiedenen Unternehmen hergestellt, und zwar Wein in Weinbaubetrieben, Schinken in fleischverarbeitenden Betrieben. Demnach würden die beteiligten Verkehrskreise nicht annehmen, mit "Steirischer Junker" bezeichneter Wein und als "Junkerschinken" vermarkteter Schinken würden im selben Unternehmen oder in miteinander wirtschaftlich verbundenen Unternehmen hergestellt. Somit besteht nach Ansicht des OGH keine Verwechslungsgefahr, wobei dessen Ausführungen zur vermeintlichen Unähnlichkeit der Marken - trotz der vollständigen Übernahme des älteren Zeichens - und der Unähnlichkeit der Waren - trotz gleichen Ursprungs, Vertriebskanälen und Abnehmern - durchaus fragwürdig erscheinen.

Zudem hob der OGH abschließend neuerlich hervor, dass die Klägerin für den Kollisionszeitpunkt keinen Verkehrsgeltungsnachweis erbracht hatte. Somit kann aus dieser Entscheidung jedenfalls die Lehre gezogen werden, dass es - obgleich zur Registrierung der Marke nicht unbedingt erforderlich - für die spätere Durchsetzung der Markenrechte entscheidend sein kann, bereits zum Zeitpunkt der Registrierung der Marke einen Verkehrsgeltungsnachweis beizubringen, wenn die Marke bereits ernsthaft benutzt wurde. Sofern die Verkehrsgeltung der Marke bei der Eintragung nicht beweisen wurde, kann es sich in einem späteren Streitverfahren als außerordentlich schwierig - oder schlicht unmöglich - erweisen, die Verkehrsgeltung des Zeichens für einen Jahre vor dem Streitverfahren zurückliegenden Kollisionszeitpunkt zu beweisen.

Dr. Rainer Beetz, LL.M.