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Kehrtwende des OGH – kein Anspruch auf Löschung einer Domain im Falle einer Markenverletzung

Bisher hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in mehreren Entscheidungen erkannt, dass der Markeninhaber einen Anspruch auf Löschung der in die Rechte eines Markeninhabers eingreifenden Domain habe (vgl. z.B. 4 Ob 226/01s – Onlaw, 4 Ob 36/04d – firn.at; 4 Ob 231/03d – serfaus.at; 4 Ob 165/05a – rechtsanwälte.at). Die Begründung hiefür war, dass der Inhalt einer Website jederzeit verändert werden könne, sodass mit der Entfernung des verbotswidrigen Inhalts die Wiederholungsgefahr noch nicht vollständig beseitigt sei. Die Nachhaltigkeit des erwirkten Unterlassungsgebots könne daher nur durch einen Anspruch auf Löschung der Domain sichergestellt werden. Diese Auffassung war in der Lehre nicht unbestritten und wurde insbesondere deshalb kritisiert, weil die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands keinesfalls die Löschung der Domain erfordere. Vielmehr genüge es, den Inhalt der Website zu ändern.

In einer nun kürzlich ergangenen Entscheidung betreffend die Domain "amade.at" welche zuvor als die österreichische Wortmarke "Amadé" verletzend erkannt wurde, machte der OGH nun eine Kehrtwende gegenüber seiner bisherigen Rechtsprechung, indem er erkannte, dass im Falle einer Markenverletzung durch eine Domain in der Regel kein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Domain bestehe, da die Nutzung einer Domain nach materiellem Recht nicht zur Gänze untersagt werden kann.

Der OGH musste hiebei jedoch eine Abgrenzung zu der Entscheidung "Gmundner Keramik" treffen, da es eines der Prinzipien kennzeichenrechtlicher Judikatur ist, dass der Kennzeichenschutz online und offline nach einheitlichen Rechtsgrundsätzen zu bestimmen ist. Im Falle der Entscheidung "Gmundner Keramik" wurde dem Markeninhaber ein Vernichtungsanspruch bezüglich re?importierter Originalware zugesprochen, obgleich auch in diesem Fall eine Beseitigung des rechtswidrigen Zustands durch einen Re-Export der Originalware möglich gewesen wäre.

Nach Ansicht des OGH steht dem Markeninhaber ein Löschungsanspruch gemäß § 52 (2) MSchG zu, sofern aufgrund der bloßen Existenz der als verletzend erkannten Gegenstände und Mittel eine typische Gefahr eines zukünftigen Eingriffs besteht. Das bloße Halten einer Domain – auch wenn der Inhaber die Domain zuvor in einer Weise genutzt hat, die in Markenrechte eines Dritten eingriff – begründet hingegen als solches noch nicht die typische Gefahr, dass das verletzende Verhalten wiederholt wird. Diese Fälle, in welchen das bloße Halten einer Domain nicht die typische Gefahr einer zukünftigen Rechtsverletzung begründet, sind jedoch streng von anderen Fällen zu unterscheiden, bei welchen das Halten als solches eine Markenverletzung darstelle. Dies wäre z.B. bei bekannten Marken der Fall, sofern jede Verwendung der Domain unlauter wäre. In diesen Fällen sowie jedenfalls auch bei Domain-Grabbing im engeren Sinne hat der Kennzeicheninhaber auch zukünftig einen Anspruch auf Löschung der Domain.

In Anbetracht dieser zuletzt ergangenen Entscheidung wird der Markeninhaber daher zukünftig zu beweisen haben, dass die bloße Existenz einer Domain oder anderer markenverletzender Gegenstände die typische Gefahr begründet, dass ein verletzendes Verhalten wiederholt wird, um einen Vernichtungsanspruch, d.h. im Falle einer Domain einen Löschungsanspruch, zuerkannt zu bekommen.

Dr. Rainer Beetz, LL.M.