SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Rechtsdurchsetzungsnovelle 2006

Mit dem BGBl. » I 96/2006 wurde die Richtlinie » 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des Geistigen Eigentums (Rechtsdurchsetzungs-RL) im Patentgesetz, Halbleiterschutzgesetz und Markenschutzgesetz (teilweise) umgesetzt. Im Gebrauchsmustergesetz und dem Musterschutzgesetz war eine solche Umsetzung nicht erforderlich, weil sich diese betreffend Rechtsdurchsetzung ihrerseits auf das Patentgesetz beziehen. Die Umsetzung der Vorgaben aus der Rechtsdurchsetzungs-RL auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes folgt hierbei im Wesentlichen jener Umsetzung, wie sie bereits mit dem BGBl.I 81/2006 im Bereich des Urheberrechts erfolgt ist.

Grundsätzlich sollte durch die Rechtsdurchsetzungs-RL eine Harmonisierung und Verbesserung der Durchsetzung der Rechte des Geistigen Eigentums im Binnenmarkt erzielt werden. Zahlreiche in der Rechtsdurchsetzungs-RL vorgesehene Vorgaben waren bereits im Österreichischen Recht enthalten, so dass diesbezüglich kein Umsetzungsbedarf bestand.

Die nunmehr im PatG, HlSchG, MSchG novellierten Paragraphen erschöpfen sich im Wesentlichen in Klarstellungen, ohne Wesentliches zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung beizutragen. So wurde beispielsweise in § 151b PatG, § 21HlSchG, §§ 56, 59(2) und 68g(1) MSchG vorgesehen, dass Einstweilige Verfügungen auch zur Sicherung von Beweisen erlassen werden können, womit den Anforderungen des Art. 7 der Richtlinie Rechnung getragen wird. Eine derartige Beweissicherung mittels EV-Verfahren war jedoch ohnedies bereits aufgrund der allgemeinen Bestimmungen der Exekutionsordnung (EO) möglich.

Auch die zur Umsetzung des Art. 9 der Rechtsdurchsetzungs-RL vorgesehenen, neu eingeführten Bestimmungen in der Österreichischen Rechtsordnung betreffend Einstweilige Verfügungen (vgl. insbesondere den neuen § 151b PatG) verbessern die Durchsetzungsmöglichkeiten für den Schutzrechtsinhaber nicht wesentlich. Zu beachten ist jedoch, dass der bisherige § 147 (2) PatG, wonach das Gericht bei angemessener Sicherheitsleistung und bei Vorliegen rücksichtswürdiger Gründe die Einstweilige Verfügung aufheben konnte, im neuen § 151b PatG kein entsprechendes Pendent findet. Die Bestimmungen der EO (§ 391(1)) sehen nämlich keine vergleichbare Regelung vor, wonach der Antrag auf Aufhebung gegen Sicherheitsleistung gemäß dem ehemaligen § 147 (2) PatG jederzeit auch bei späterem Hervorkommen solcher rücksichtswürdiger Gründe möglich war, vielmehr müsste nach der EO die Festlegung einer solchen Sicherheitsleistung schon im Beschluss selbst vorgesehen sein. Somit bleibt lediglich zu hoffen, dass die Gerichte an der bisherigen Praxis festhalten.

Als besonders bedauerlich ist hervorzuheben, dass es der österreichische Gesetzgeber verabsäumt hat, den in Art. 6 der Rechtsdurchsetzungs-RL normierten Anspruch auf Vorlage aller in der Verfügungsgewalt der gegnerischen Partei befindlichen Beweismittel zur Begründung ihrer Ansprüche ins österreichische Recht umzusetzen. Art. 6 war einer der zentralen Punkte der Rechtsdurchsetzungs-RL, womit sichergestellt werden sollte, dass wirksame Mittel zur Vorlage, zur Erlangung und zur Sicherung von Beweismitteln zur Verfügung stehen (vgl. Erwägungsgrund 20 Rechtsdurchsetzungs-RL). In den Erläuternden Bemerkungen zur Rechtsdurchsetzungsnovelle 2006 wird unrichtigerweise ausgeführt, dass dieser Anspruch auf Vorlage von Beweismitteln der Regelung der ZPO über die Vorlage von Urkunden in den §§ 303-307 entspricht. Diese Regelung in der ZPO ist jedoch auf Urkunden beschränkt und somit wesentlich enger gefasst. Die Herausgabe eines verletzenden Produkts kann somit auf Grundlage des nationalen österreichischen Rechts nach wie vor nicht gefordert werden. Somit bleibt dem Inhaber Geistiger Eigentumsrechte nur die Möglichkeit, sich auf die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 6 der Rechtsdurchsetzungs-RL zu berufen bzw. gegebenenfalls im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH die unzureichende Umsetzung des Art. 6 der Rechtsdurchsetzungsrichtlinie im österreichischen Recht feststellen zu lassen, und somit eine neuerliche Novellierung der einschlägigen Bestimmungen zu erzwingen.