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Erste OGH-Entscheidung zur Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters

In der Entscheidung » 4 Ob 177/05s hat der Oberste Gerichtshof erstmals zu den Voraussetzungen für die Rechtsbeständigkeit eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters Stellung genommen sowie sich mit der Frage der Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmuster auseinandergesetzt.

Hierbei hat der OGH ausgeführt, dass ein Geschmacksmuster, die neben Neuheit erforderliche Eigenart aufweist, wenn keines der vorbekannten Geschmacksmuster alle prägenden Merkmale des Gemeinschaftsgeschmacksmusters vorwegnimmt oder wenn ein vorbekanntes Geschmacksmuster prägende Merkmale umfasst, die das Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht besitzt. Es sind jedoch nicht die Merkmale im Einzelnen, sondern nur der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Geschmacksmuster auf Unterschiede zu prüfen. Sofern alle Merkmale im gleichen Maß zum Gesamteindruck beitragen, ist die Eigenart dann zu bejahen, wenn sich das Gemeinschaftsgeschmacksmuster und das vorbekannte Geschmacksmuster in mindestens einem Merkmal voneinander unterscheiden.

Hinsichtlich des Schutzumfanges führt der OGH aus, dass dieser sich per definitionem spiegelbildlich zur Eigenart des Gemeinschaftsgeschmacksmusters verhält, so dass ein hohes Maß an Eigenart Raum für einen großen Schutzumfang gibt. Andererseits führt geringere Eigenart auch nur zu einem kleineren Schutzumfang, da somit geringe Unterschiede bereits zu einem unterschiedlichen Gesamteindruck führen. Ob zwischen den vergleichenden Gestaltungsformen Verwechslungsgefahr besteht, ist hingegen nach dem Schutzzweck des Geschmacksmusterrrechts ohne Bedeutung. Bei Geschmacksmustern handelt es sich nämlich nicht um Kennzeichenrechte; vielmehr liegt der Schutzzweck des Geschmacksmusterrechts in der Anregung zu einer stetigen Entwicklungstätigkeit auf dem Gebiet des Designschaffens.