SONN Patentanwälte – IP Attorneys

"Patentverfahren neu" in Österreich

Die Patentrechts- und Gebührennovelle 2004 bringt mit 1. Juli 2005 ganz wesentliche Verfahrensänderungen, die als weiterer, bedeutender Schritt zur Harmonisierung des österreichischen Patentrechts mit internationalen Entwicklungen angesehen werden können.

Veröffentlichung der Patentanmeldungen nach 18 Monaten

Eine dieser Änderungen betrifft die künftige - elektronisch vorgesehene - Veröffentlichung von österreichischen Patentanmeldungen nach 18 Monaten ab Anmeldetag bzw. Prioritätstag. Veröffentlicht werden dabei Beschreibung, Patentansprüche, Zeichnungen und Zusammenfassung in der ursprünglich eingereichten Fassung sowie - falls rechtzeitig erstellt - ein Recherchenbericht und weiters, falls geänderte Patentansprüche rechtzeitig eingereicht wurden, die zuletzt eingereichten Patentansprüche. Die veröffentlichte Anmeldung bringt für den Anmelder auch einen Anspruch auf ein angemessenes Entgelt gegen unbefugte Benützer des Anmeldungsgegenstandes bereits vor der Erteilung mit sich; dieser Anspruch kann bis zum Ablauf von 1 Jahr nach Erteilung des Patents auf die Anmeldung noch geltend gemacht werden.

Für die Veröffentlichung der Anmeldung ist bei Einreichung der Anmeldung eine Veröffentlichungsgebühr - zusätzlich zur Anmeldegebühr - zu zahlen.

Am 1.7.2005 noch anhängige frühere Patentanmeldungen ("anhängig" bedeutet, dass noch kein Bekanntmachungsbeschluss nach bisherigem Verfahrensrecht gefasst worden ist) sollen ebenfalls baldmöglichst sukzessive veröffentlicht werden, vorausgesetzt dass hierfür die Veröffentlichungsgebühr gezahlt wird. Die ersten Anmeldungsveröffentlichungen werden frühestens im September 2005 erwartet.

Einspruch nach Patenterteilung

Ein zweiter ganz wesentlicher Punkt in den neuen Regelungen zum Patenterteilungsverfahren ist, dass anstatt des bisher vorgesehenen Einspruchs noch vor der Patenterteilung nunmehr unmittelbar nach positivem Abschluss des Prüfungsverfahrens das Patent erteilt wird, vorausgesetzt, dass eine Veröffentlichungsgebühr für die Patentschrift ("Erteilungsgebühr") gezahlt wurde, und erst dann die Möglichkeit eines Einspruchs (jetzt mit mündlicher Verhandlung) besteht (Frist: 4 Monate ab Erteilung). Unter den Einspruchsgründen befindet sich jedoch nicht mehr jener der mangelnden Berechtigung zur Anmeldung bzw. der widerrechtlichen Entnahme - diese Einwände gegen ein Patent können nur mehr in Form eines Aberkennungsantrages bei der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes geltend gemacht werden.

Neu ist für das Einspruchsverfahren in Österreich, dass die Parteien ihre Kosten in allen 3 Instanzen - ähnlich wie etwa beim europäischen Einspruchsverfahren - selbst zu tragen haben.

Beschwerden

Gegen erstinstanzliche Beschlüsse des Patentamtes ist eine Beschwerde innerhalb von 2 Monaten möglich, wobei nunmehr anders als früher innerhalb dieser 2-monatigen Beschwerdefrist auch die Beschwerdebegründung vorgebracht werden muss. Zur Vereinfachung des Verfahrens ist die Möglichkeit geschaffen worden, dass die 1. Instanz, die den angefochtenen Beschluss erlassen hat, die Beschwerde innerhalb von 2 Monaten ab Eingang durch eine Beschwerdevorentscheidung erledigen kann, wobei sie die Beschwerde zurückweisen, den Beschluss aufheben oder nach jeder Richtung hin abändern kann. Jede Partei kann dann innerhalb von 2 Wochen bei der erstinstanzlichen Abteilung den Antrag stellen, die Beschwerde der Beschwerdeabteilung zur Entscheidung vorzulegen; damit tritt die Beschwerdevorentscheidung außer Kraft, und die Beschwerdeabteilung wird zuständig.

Überprüfung von Beschwerdeentscheidungen

Abgehend von der bisherigen Rechtslage, gemäß der gegen die Endentscheidung der Beschwerdeabteilung kein ordentliches Rechtsmittel zulässig war, sieht die Novelle nunmehr eine Beschwerde gegen Endentscheidungen der Beschwerdeabteilung an den Obersten Patent- und Markensenat (OPMS) vor, der schon bisher Berufungsinstanz in Nichtigkeitsverfahren war. Die Frist für die Beschwerde an den OPMS beträgt 2 Monate ab Zustellung der Beschwerdeentscheidung, und das Verfahren ist grundsätzlich schriftlich. Damit ist erstmals einem lang gehegten Wunsch der beteiligten Kreise entsprechend eine TRIPS-konforme Überprüfung von Beschwerdeentscheidungen eingerichtet worden.

Einwendungen Dritter

Eine wahrscheinlich nicht so bedeutende neue Einrichtung im Erteilungsverfahren ist die Möglichkeit, dass Dritte nach der Veröffentlichung der Anmeldung Einwendungen gegen die Patentierbarkeit der angemeldeten Erfindung erheben können, wobei auch hier dem Dritten - ähnlich wie gemäß Art. 115 EPÜ - keine Parteienstellung eingeräumt wird.

Weiterbehandlung

Eine andere, das Erteilungsverfahren betreffende, bedeutsamere Neuerung ist, dass nunmehr, für alle zukünftigen und am 1.7.2005 anhängigen Patentanmeldungen bei Nichtäußerung auf einen Vorbescheid innerhalb der gesetzten Frist ein Zurückweisungsbeschluss ergehen wird, wobei dann innerhalb von 2 Monaten eine Weiterbehandlung der Anmeldung - ähnlich Art. 121 EPÜ - unter Zahlung einer Gebühr beantragt werden kann. Diese Weiterbehandlungsmöglichkeit ersetzt die bisherige Regelung, gemäß welcher bei ungenütztem Verstreichen einer mit einem Vorbescheid gesetzten Frist eine Patentanmeldung als zurückgenommen galt, jedoch innerhalb von 4 Monaten durch Nachholen der Bescheidserledigung und Zahlung einer Gebühr wieder zum Aufleben gebracht werden konnte.

Jahresgebühren

Die nunmehrige Regelung der Erteilung des Patents auf eine Anmeldung, mit nachgeschobenem Einspruch, machte auch eine Anpassung der Entrichtung der Jahresgebühren notwendig. Anders als in vielen anderen Staaten oder auch gemäß dem EPÜ bleibt Österreich bei dem Prinzip, dass Jahresgebühren erst nach positivem Abschluss des Erteilungsverfahrens fällig werden, wobei die Regelung nunmehr die ist, dass ab der Kundmachung der Patenterteilung Jahresgebühren zu zahlen sind, und zwar frühestens für das 3. Patentjahr; die Patentjahre werden jeweils vom letzten Tag des Monats, in den der Anmeldetag fällt, weg gerechnet, und in entsprechender Weise ist die Fälligkeit für die Jahresgebühren - die jeweils für das kommende Jahr zu zahlen sind - am letzten Tag des "Anmeldemonats" gegeben. Österreich wechselt somit auch für Patente auf das System der Monatsultimo-Fälligkeiten; zu beachten ist hier jedoch, dass für bereits erteilte Patente sowie für Patente, zu denen bis 1.7.2005 der Bekanntmachungsbeschluss gefasst wurde, die Jahresgebühren noch nach dem alten System zu entrichten sind, wobei der Fälligkeitstag der 15. des jeweiligen Monats ist. Insofern wird es daher in Österreich für eine längere Übergangszeit noch zwei Arten von Patenten, was die Fälligkeit der Jahresgebühren betrifft, geben.

Hinsichtlich der in Österreich validierten europäischen Patente wird mit 1.7.2005 schließlich eine einheitliche Regelung bezüglich der Entrichtung der Jahresgebühren getroffen: zukünftig ist einfach die dem jeweiligen Patentjahr entsprechende Jahresgebühr (3. bis 20. Jahresgebühr) zu zahlen; die bisherige, europäische Patente mit Erteilung vor dem 1.7.1996 betreffende Regelung, gemäß welcher für das dritte Patentjahr die 1. österreichische Jahresgebühr, für das 4. Patentjahr die 2. Jahresgebühr usw. und für das 20. Jahr die 18. Jahresgebühr zu entrichten waren, wurde gestrichen.

Weitergehende Detailinformationen erhalten Sie bei den Informationen über Patente in Österreich.