SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Die Patentanwaltsgesetznovelle 2001

Am 11. August 2001 ist das geänderte Österreichische Patentanwaltsgesetz, welches seit 7.6.1967 den Beruf der Patentanwälte regelt, in Kraft getreten (BGBl. 2001/107). Mit der Änderung sollte insbesondere eine Liberalisierung des Zugangs zum Patentanwaltsberuf, eine Sicherstellung der EU-Konformität und schließlich eine Anpassung an die aktuelle Gesetzeslage erreicht werden. Die Änderungen betreffen im Einzelnen:

1. Zugang zum Patentanwaltsberuf

1.1 Zugangsberechtigte

Künftig entfällt das Erfordernis eines inländischen Wohnsitzes für die Eintragung in die Liste der Patentanwälte. Es genügt nunmehr, dass sich der ständige Kanzleisitz in Österreich befindet.

Weiters können auch Personen, welche eine dem Aufgabenkreis eines Patentanwaltes entsprechende praktische Betätigung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ausüben, nach Ablegung der erforderlichen Praxis zur Patentanwaltsprüfung antreten.

1.2 Praxis

Die erforderliche Praxis eines Patentanwaltsanwärters bleibt mit 5 Jahren unverändert. Für den neu hinzugekommenen Personenkreis wird die Anrechnung einer dem Aufgabenkreis eines Patentanwalts entsprechenden praktischen Betätigung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (z.B. bei einem Industrieunternehmen) im Ausmaß von 7 ½ Jahren festgesetzt. Bei einer Mischung der Praxiszeiten wird die Dauer der verschiedenen Verwendungen verhältnismäßig berechnet.

1.3 Ausbildungserfordernis

Das bisher geltende Ausbildungserfordernis der Vollendung der Studien technischer oder mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer an einer inländischen Universität oder Nostrifizierung eines entsprechenden ausländischen akademischen Grades wurde dahingehend abgeändert, dass Patentanwälte ein Universitätsstudium vollendet haben müssen, das ein Gebiet der Technik oder der Naturwissenschaften zum Gegenstand hat. Dies ermöglicht auch eine flexiblere Anwendung der Bestimmung bei künftigen Änderungen oder Neueinreichungen von Studienrichtungen im universitären Bereich.

1.4 Prüfung

Im Gegensatz zur bisherigen Gesetzeslage, welche die Ablegung der Patentanwaltsprüfung erst nach Vollendung der Praxis zuließ, ist es nunmehr möglich, die Patentanwaltsprüfung bereits im letzten Jahr der Praxis abzulegen.

Die Prüfungsgebiete für die Patentanwaltsprüfung wurden hinsichtlich der neuen Schutzrechte Gebrauchsmuster, Schutzzertifikat und Sortenschutz sowie hinsichtlich des Sachverständigenwesens und der Gutachtenerstellung ergänzt. Die Ablegung der europäischen Eignungsprüfung ist bei der Prüfung zu berücksichtigen.

2. Ausübung des Patentanwaltsberufes

2.1 Organisationsformen von Patentanwälten

Die Ausübung des patentanwaltlichen Berufes ist nunmehr auch in Form von Gesellschaften offiziell möglich, und zwar in den folgenden Rechtsformen:

- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (wie bisher üblich),

- Erwerbsgesellschaft in Form einer Patentanwalts-Partnerschaft,

- Patentanwalts-Gesellschaft in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Weiterhin nicht in Betracht kommt die Berufsausübung in Form einer OHG oder KG.

Die Ausübung des Patentanwaltsberufes in Form einer Gesellschaft bedarf der Eintragung in die Liste der Patentanwalts-Gesellschaften.

Die Firma der Patentanwalts-Gesellschaft in Form einer GmbH muss den Namen wenigstens eines Patentanwalts-Gesellschafters und einen Hinweis auf die Ausübung des patentanwaltlichen Berufes enthalten. Im Übrigen gelten die allgemein für die GmbH geltenden Firmenvorschriften, soweit sie anwendbar sind, insbesondere jedoch die Pflicht zur Führung der Zusatzbezeichnung "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" bzw. deren zulässige Abkürzung.

Die Firma der Patentanwalts-Partnerschaften muss die Bezeichnung "Offene Erwerbsgesellschaft" bzw. "Kommanditerwerbsgesellschaft" oder deren zulässige Abkürzungen oder die Bezeichnung "Partnerschaft" bzw. "Kommanditpartnerschaft" und, sofern die Firma nicht den Namen aller Gesellschafter enthält, den Zusatz "und (&) Partner" sowie einen Hinweis auf den ausgeübten freien Beruf enthalten.

Nunmehr kann auch einer Patentanwalts-Partnerschaft und einer Patentanwalts-Gesellschaft als solcher Vollmacht erteilt werden.

2.2 Dienstverhältnis

Es ist nunmehr möglich, auch im Angestelltenverhältnis in einer Patentanwaltskanzlei oder einem Wirtschaftsunternehmen als Patentanwalt tätig zu sein.

2.3 Zweigstellen

In Analogie zur Berufsgruppe der Rechtsanwälte wird nunmehr auch den Patentanwälten die Möglichkeit eingeräumt, außerhalb ihres Kanzleisitzes Niederlassungen einzurichten. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Gründung einer Niederlassung ist, dass die Leitung dieser Niederlassung einem Patentanwalt übertragen wird, der seinen Kanzleisitz an der Adresse der Niederlassung hat. Auch allfällige Niederlassungen müssen Abgabestellen im Sinne des Zustellgesetzes (BGBl 2000/1982) sein. Die Leitung einer Niederlassung kann auch einem angestellten Patentanwalt mit Kanzleisitz an der Adresse der Niederlassung übertragen werden.

2.4 Vorübergehende Ausübung des Patentanwaltsberufes

Staatsangehörige eines EWR-Staates, die in einem solchen Staat ansässig sind und die Voraussetzungen hinsichtlich des patentanwaltlichen Berufes erfüllen, dürfen, soweit sie Dienstleistungen iSd Art 50 EG-Vertrag erbringen, in Österreich vorübergehend patentanwaltliche Tätigkeiten wie ein in die Liste der Patentanwälte eingetragener Patentanwalt erbringen. Die ausländischen Dienstleister haben die Stellung, aber auch die Rechte und Pflichten eines inländischen Patentanwaltes. Um Irreführungen und Verwechslungen mit in die Liste der Patentanwälte eingetragenen Patentanwälte zu vermeiden, müssen Personen, die nur vorübergehend patentanwaltliche Tätigkeiten im Inland verrichten einen unterscheidenden Hinweis auf den Ort und den Staat ihres Kanzleisitzes im Ausland verwenden.

2.5 Rechte von Patentanwälten

Im neuen Patentanwaltsgesetz wurde nunmehr ausdrücklich die bereits bisher bestehende Befugnis des Patentanwalts zur berufsmäßigen Erstellung von Gutachten und zur Tätigkeit als Sachverständiger auf dem Gebiet des Erfinder-, Sorten- und Halbleiterschutzes sowie Kennzeichen- und Musterwesens aufgenommen.

2.6 Haftpflichtversicherung

Nunmehr wurde die Berufshaftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben und die Bedingung der Eintragung in die Liste der Patentanwälte an dieses Erfordernis gebunden. Die Mindestversicherungssumme wurde auf 400.000,-- EURO festgelegt.

Für Patentanwalts-Gesellschaften wurde die Mindestversicherungssumme auf insgesamt 2,4 Mio EURO für jeden Versicherungsfall festgelegt.

3. Disziplinarangelegenheiten

Von der Patentanwaltkammer ist jetzt im Rahmen ihrer Disziplinaraufsicht auch zu überprüfen, ob der (ausländische) Dienstleister tatsächlich nicht auf Dauer, sondern nur vorübergehend patentanwaltliche Dienstleistungen erbringt.

4. Formelle Änderungen

Formelle Änderungen des neuen Patentanwaltsgesetz betreffen die Zitierungen des nunmehr für Patentanwaltsbelange zuständige Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als zuständiges Organ ersetzt.

(Ein ausführlicherer Artikel zur Patentanwaltsgesetznovelle 2001 findet sich in der Zeitschrift Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz, ÖBl, 2001, 195-199).