SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Imitationsmarketing

Kürzlich hatte der OGH einen Fall betreffend Geschmacksmuster-geschützte Messer zu entscheiden. Die Messer wurden in Sets aus 11 Messern verkauft, wobei die Messer in einer Verpackung aus zwei Lagen mit 5 bzw. 6 Messern dargeboten wurden. Bei geöffneter Verpackung waren die Griffe aller Messer sichtbar. Die Verletzung des registrierten Gemeinschaftsgeschmacksmusters war ein eindeutiger Fall und wurde seitens des Beklagten im Revisionsrekurs auch nicht mehr in Frage gestellt.

Der interessante Aspekt dieser Entscheidung ist die erstmalige Anwendung des § 2 Abs. 3 Z 1 UWG, welcher dem Art. 6 Abs 2 lit a der Richtlinie über Unlautere Geschäftspraktiken entspricht.

Zunächst hat der OGH festgestellt, dass Punkt 13 des Anhangs zum UWG auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar ist, weil das Unterlassungsbegehren ganz allgemein auf Anbieten und/oder Inverkehrbringen abstellt; Punkt 13 hingegen ist nur auf die Werbung für ein Produkt als solches gerichtet.

Allerdings stellte der OGH klar, dass eine Vermarktung, die eine Verwechslungsgefahr mit einem Produkt eines Mitbewerbers begründet, grundsätzlich eine irreführende Geschäftspraxis iSd § 2 (3) Z1 UWG ist. Als Vermarktung ist hiebei jede Handlung zu verstehen, die der Absatzförderung eines Produkts dient. Dem Absatz dienlich ist wiederum, was dem Verbraucher bei der Identifizierung von Produkten eines Unternehmens hilft. Demnach können auch die Merkmale einer Verpackung rechtserhebliche Unterscheidungszeichen im Sinne einer Vermarktungspraktik sein, sofern durch die Verpackung eine Herkunftstäuschung herbeigeführt wird.

Für eine Herkunftstäuschung ist wettbewerbliche Eigenart des Originals eine Voraussetzung. Im gegenständlichen Fall stellte der OGH fest, dass die Verpackung der Klägerin Unterscheidungskraft besitzt, sodass sich die Klägerin erfolgreich auf ein "Imitationsmarketing" iSd neuen UWG berufen konnte.

Interessanterweise hat der OGH explizit darauf hingewiesen, dass - im Unterschied zum § 9 (3) UWG, welcher allgemein den Ausstattungsschutz umfasst - Imitationsmarketing keine Verkehrsgeltung erfordert. Aufgrund dieses Unterschiedes öffnet sich ein weites Anwendungsgebiet des sog. "Imitationsmarketing"; demgemäß ist damit zu rechnen, dass zukünftig bei Verpackungsnachahmungen die Vielzahl der Klagen auf § 2 UWG - und nicht mehr den "strengeren" § 9 UWG - gestützt werden.

Dr. Rainer Beetz