SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Zwei neue Entscheidungen des OPMs zu "swiss type claims"

In der ersten Entscheidung erkannte der OPMS, dass in einem Feststellungsverfahren betreffend die Nichtverletzung eines Patents grundsätzlich vom bestehenden Recht (Patent) laut Registerstand auszugehen ist. Maßgeblich ist einzig der Vergleich zwischen Feststellungsgegenstand und dem patentgeschützten Gegenstand, Verfahren, etc. Die Frage, ob die Ansprüche des dem Feststellungsantrag zugrunde liegenden Patents patentfähig sind, ist nicht Gegenstand eines solchen Feststellungsverfahrens.

Die zweite Entscheidung betraf die Auslegung des Schutzumfangs eines Patents. So erkannte der OPMS, dass ein Anspruch, in welchem die entsprechende chemische Verbindung in Form einer Markush-Formel beschrieben wird, sämtliche stereochemisch möglichen Alternativen der chemischen Verbindung, also z.B. die S-Form, die R-Form, sämtliche Mischungen der Enantiomeren und das Racemat, umfasst, wenn die Patentschrift keine näheren Angaben zur dreidimensionalen stereochemischen Orientierung der chiralen Gruppe in der chemischen Verbindung enthält (und zwar weder unmittelbar noch mittelbar, z.B. über Angaben zur Synthese der Salze bzw. der freien Verbindung). Wenn die Patentschrift keine Grundlage dafür liefert ist somit eine einschränkende Auslegung der Markush-Formel auf z.B. das Racemat oder das zwingende Vorliegen beider Enantiomere nicht gerechtfertigt.

Die beiden Entscheidungen betrafen Esomeprazol und Atorvastatin, zwei Blockbuster. In beiden Fällen waren die Moleküle in den Ansprüchen der entsprechenden Patente als Markush-Formeln beschrieben, ohne Angaben zur spezifischen stereochemischen Anordnung der Substituenten an möglichen asymmetrischen C-Atomen. Der OPMS stellte klar, dass ein derartiger Anspruch nicht nur auf z.B. das Racemat oder das zwingende Vorliegen beider Enantiomere beschränkt ist, sondern sämtliche stereochemisch möglichen Alternativen der chemischen Verbindung, also z.B. die S-Form, die R-Form, sämtliche Mischungen der Enantiomeren und das Racemat umfasst.

Dipl.-Ing. Peter Pawloy