SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Voraussetzungen zur Aufhebung einer erlassenen Einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung in Patentverletzungsklagen

Bereits im ersten österreichischen Patentgesetz von 1897 gab es eine spezielle Bestimmung, dass das Gericht die Wirkung einer Einstweiligen Verfügung aufzuheben hat, wenn eine adäquate Sicherheitsleistung (Befreiungsbetrag) vom Beklagten (Verletzer) angeboten wurde. Das Gericht hatte lediglich zu entscheiden, ob der angebotene Betrag adäquat war. Im Laufe der Jahre kritisierten die betroffenen Kreise, dass die Durchsetzung einer Einstweiligen Verfügung nicht möglich war, da die Verletzer nahezu jedes Mal eine solche Sicherheitsleistung erbrachten, die zumeist in einem bezahlbaren Ausmaß festgelegt wurde. Diese nicht zufriedenstellende Situation blieb bis zu einer großen Reform des Patentgesetzes 1988 bestehen. Mit dieser wurde nämlich diese zwingende Vorschrift zur Möglichkeit abgeändert. Das Gericht konnte nunmehr aufgrund eigener Entscheidung eine solche Einstweilige Verfügung gegen eine adäquate Sicherheitsleistung unter Berücksichtigung besonderer Umstände aufheben. Seither wurden Einstweilige Verfügungen nur mehr sehr selten im Falle besonderer Handlungen aufgehoben, z.B. um die Fertigstellung eines bestimmten Gebäudes zu gestatten, jedoch nicht generell.

Mit der Umsetzung der EU-Durchsetzungs-Richtlinie in Österreich wurde die alte Bestimmung gestrichen und durch einen völlig neuen Paragraph (§ 151b) zu Einstweiligen Verfügungen ersetzt, der allerdings keine Bedingungen (besonderen Umstände) enthält, aufgrund derer die Einstweilige Verfügung gegen einen Befreiungsbetrag aufgehoben werden kann. Gemäß den Erläuternden Bemerkungen zum Patentgesetz sollen nunmehr die allgemeinen Bestimmungen der Exekutionsordnung angewendet werden. Diese Bestimmungen beziehen sich jedoch nicht auf die besonderen Umstände, sondern lediglich wieder auf eine Sicherheitsleistung, die das Gericht als ausreichend ansieht.

In einer jüngeren Entscheidung des OLG Wien wurde diese gesetzliche Bestimmung zum ersten Mal angewandt. Das Gericht I. Instanz (HG Wien) hatte der Aufhebung einer Einstweiligen Verfügung für weniger als ein Jahr gegen eine Sicherheitsleistung von 2 Mio. EURO stattgegeben. Im Rekursverfahren seitens des Patentinhabers wurde diese Entscheidung aufgehoben. Gemäß derzeitiger Rechtsprechung kann eine Einstweilige Verfügung (Unterlassungsanordnung) prinzipiell nicht durch einen Geldbetrag gesichert werden. Demgemäß wurde die Aufhebung solcher Einstweiligen Verfügungen in Markenverletzungsklagen und Klagen nach dem Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb bereits hiefürabgelehnt.

Dies trifft jetzt auch auf Patentverletzungsklagen zu. Nur besondere Umstände können eine Abweichung dieses Prinzip rechtfertigen, welche im entschiedenen Fall jedoch nicht nachgewiesen wurden. Demgemäß wird es für den Beklagten praktisch unmöglich sein, eine Einstweilige Verfügung durch Sicherheitsleistung aufheben zu lassen.