SONN Patentanwälte – IP Attorneys

Revision des EPÜ:Der grundlegende Vorschlag ist veröffentlicht

Der Vorschlag zur Revision des EPÜ wurde Ende Juli unter Einbeziehung der Ergebnisse der Diskussionen des Komitees für Patentrecht vom 3. - 6. Juli 2000 herausgegeben. Dieser grundlegende Vorschlag wird dem Verwaltungsrat während seiner Tagung vom 5. - 8. September 2000 zur Diskussion vorgelegt. Die Diplomatische Konferenz, in der der Abschluss – zumindest eines ersten Teils – der Revision des EPÜ geplant ist, ist für November 2000 angesetzt.

Was sind die Hauptergänzungen der geplanten Revision des EPÜ?

Es wird jedenfalls eine Anpassung des EPÜ an die wesentlichen internationalen Vereinbarungen in Patentangelegenheiten durchgeführt, um das TRIPs-Abkommen und das Patentrechtsabkommen (Patent Law Treaty, PLT) in Bezug auf die formalen und materiellen Erfordernisse, welche in diesen Abkommen definiert sind, in das EPÜ einzubeziehen.

Ein weiterer Hauptaspekt der kommenden EPÜ-Revision wird die Übertragung vieler Bestimmungen des EPÜ in die Ausführungsordnung sein. Dies soll zu einer flexibleren Patentierungspraxis des EPA im Hinblick auf Änderungen internationaler Bedürfnisse und Trends führen, da bekanntlich die Änderung des EPÜ von einer Diplomatischen Konferenz (mit samt ihrem zeitaufwendigen Verfahren) durchgeführt werden muss, während Änderungen in der Ausführungsordnung vom Verwaltungsrat beschlossen werden können. Demnach werden viele Bestimmungen, besonders im Hinblick auf die Verfahrensdurchführung (Anmeldung und Einspruch), welche im Moment im EPÜ verankert sind, in die Ausführungsordnung übergeführt, einschließlich einer deutlichen Ausweitung der Möglichkeit zur Weiterbehandlung.

Eine wichtige Ergänzung betrifft die Möglichkeit, die Große Beschwerdekammer zur Überprüfung von Entscheidungen der Beschwerdekammer anzurufen. Im Gegensatz zur derzeitigen Praxis (in der Anträge an die Große Beschwerdekammer nur vom Präsidenten des EPA oder von den Beschwerdekammern gestellt werden können), wird es durch diese EPÜ-Ergänzung möglich sein, dass eine Partei die Revision einer Entscheidung der Beschwerdekammer einbringen kann, wenn ein wesentlicher Mangel im Beschwerdeverfahren aufgetreten ist oder wenn ein krimineller Akt einen Einfluss auf diese Entscheidung gehabt hat.

Im Hinblick auf das materielle Recht wird die Ausschließung bestimmter Erfindungen gemäß derzeit geltendem Art.52(2) und (3) in die Ausführungsordnung übertragen, was vor allem einen Einfluss auf die Patentierungspraxis auf dem Gebiet der IT haben wird. Die Ausschließung von medizinischen therapeutischen Behandlungen und diagnostischen Verfahren (derzeit Art.52(4)) wird in Art.53 (Ausnahmen von der Patentierbarkeit) übertragen.

Art.54(4), der die Umstände regelt unter welchen eine später veröffentlichte frühere Anmeldung zum Stand der Technik als älteres Recht zählt, soll gestrichen werden. Daraus folgt, dass alle Anmeldungen, die eine bestimmte Erfindung offenbaren, als neuheitsschädlich für Ansprüche auf die Erfindung in einer späteren Anmeldung angesehen werden, wenn die spätere Anmeldung einen Prioritätstag hat, welcher nach dem Prioritätstag, aber vor dem Veröffentlichungstag einer älteren Anmeldung liegt, selbst wenn nicht alle Vertragsstaaten identisch sind.

Die Entscheidungspraxis im Hinblick auf die erste und zweite (weitere) medizinische Verwendung soll nun auch im EPÜ durch entsprechende Ergänzung des Art.54(5) klargestellt werden, wobei die erste medizinische Verwendung in Bezug auf Neuheit mit jeder weiteren medizinischen Verwendung gleichgestellt wird, ohne jedoch den möglichen Umfang der Ansprüche für die erste medizinische Verwendung in irgendeiner Weise vorzuschreiben oder festzulegen. Dies soll auch in Zukunft auf Basis der Rechtssprechung im Einzelfall festgelegt werden.

Weiters soll ein neues zentralisiertes Einschränkungsverfahren eingeführt werden, mit dem ein Patentinhaber den Umfang seines Patentes für alle Vertragsstaaten zentral beim EPA einschränken kann.

Eine Ergänzung zum Protokoll des Art.69 (Schutzbereich) ist ebenfalls vorgeschlagen, worin die Rolle von Äquivalenz und einschränkender Angaben des Anmelders oder des Inhabers während der Verfahren vor dem EPA behandelt wird.

Der vorliegende Vorschlag wird in der vorstehend erwähnten Tagung des Verwaltungsrates diskutiert und vom Rat der Diplomatischen Konferenz beschlossen, die vom 20. bis 28. November 2000 stattfinden wird. Der zweite Teil dieser Diplomatischen Konferenz ist für Februar 2001 vorgesehen.